An der Wiege Thüringens: Friedrichroda - Schloss Reinhardsbrunn - Waltershausen


 

 

 

 

 

 

 

 

Die Wiege Thüringens - so wird Schloss Reinhardsbrunn manchmal bezeichnet. Das Schloss stammt zwar aus dem frühen 19. Jh., aber an seiner Stelle stand im Mittelalter ein für das heutige Thüringen wichtiges Kloster. Dieses Schloss habe ich mir (von außen) auf einer acht Kilometer langen, recht leichten Wanderung angesehen.

Los geht's am Bahnhof Friedrichroda. Der Weg in die Innenstadt mit Touristinformation und Bäcker, später auch zum Schloss Reinhardsbrunn, ist ausgeschildert. (Und Werbung in diesem Beitrag ist unbezahlt.) Friedrichroda ist ein von bewaldeten Bergen umgebener kleiner Luftkurort. Leider hat auch hier der Wald in den letzten Jahren arg gelitten, einige Hänge sind komplett kahl.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Wanderweg führt sodann talwärts zum Bahnhof Reinhardsbrunn-Friedrichroda, dessen historische Gebäude gerade saniert werden. Die scheinen hübsch gewesen zu sein und wieder hübsch zu werden. Sogar einen Fürstenpavillon gibt es neben dem Bahnhofshauptgebäude. Der war errichtet worden, damit der Adel nicht zusammen mit dem gemeinen Volk auf den Zug warten musste. Wer mit dem Zug anreist und die Tour verkürzen möchte, kann hier bereits aussteigen und loswandern. Der Schlosspark beginnt wenige Meter entfernt am Benediktinerpfad.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Saniert wird derzeit auch das Schloss Reinhardsbrunn. Sein Vorgängerbau war im Mittelalter das Hauskloster der Landgrafen von Thüringen. Auch ist dort im 14. Jh. eine Chronik entstanden, die Nachrichten seit dem 6. Jh. versammelt. Ob das reicht, um Reinhardsbrunn als Wiege Thüringens zu bezeichnen? Der klangvolle Titel eignet sich jedenfalls gut als Überschrift für einen Blogbeitrag.


 

 

 

 

 

 

 

 

Weil das gesamte Schlossgelände eine Baustelle ist, soll es (Stand 2024) nicht betreten werden. Das erfuhr ich erst, nachdem ich eine Weile um das Schloss herumgelaufen und, wie sich dann herausstellte, mit einem Ministerialbeamten verwechselt worden war. Ich wurde dann freundlich hinausgebeten, durfte aber noch fotografieren und wurde in einem kurzen Plausch über die derzeitige Lage des Schlosses und ihre Vorgeschichte unterrichtet.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der DDR war Schloss Reinhardsbrunn ein Interhotel, in dem Westdeutsche einquartiert und abgehört wurden, wie mir vor Ort berichtet wurde. Nach der sog. Wende wurde es von der Treuhand privatisiert, woraufhin es jahrzehntelang verfiel. Um es zu erhalten, wurde es 2018 enteignet und vom Freistaat Thüringen übernommen. 2021 wurde die Enteignung rechtsgültig, seitdem wird gebaut und restauriert. (Näheres dazu hier.)



 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neben dem Pulverteich, am Bratstand Reinhardsbrunn, beginnt der Wanderweg, der zunächst durch noch recht gesund aussehenden Fichtenhochwald nach Waltershausen führt. Der Bratstand ist ein regional bekannter Imbisswagen, aus dem Roster und Rostbrätel verkauft werden.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Den Komstkochteich samt umliegender Flur soll Landgraf Ludwig der Eiserne im 12. Jh. armen Holzbauern geschenkt haben, nachdem sie den Landgrafen, der sich verirrt hatte, bewirtet und zu seiner Burg gelotst hatten. Später, so erklärt eine Erklärtafel am Weg, seien Zöglinge der Schnepfenthaler Salzmannschule auf diesem Teich Schlittschuh gelaufen. Die Salzmannschule war ein neuartiges Schulprojekt des späten 18. Jh.; zu ihr gehörte etwa der erste deutsche Turnplatz. An die Schulgeschichte dieser Gegend erinnern das dortige Schulmuseum und der Zöglingsweg, auf dem wir nun zum Schloss Tenneberg wandern.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der einzige, allerdings steile Anstieg dieser Tour führt auf den Burgberg, einen von Laubwald bestandenen Bergrücken, auf dessen Nordspitze Schloss Tenneberg steht. Auf dem Weg zum Schloss kann man sich Wald, Muschelkalk-Aufschlüsse und den etwa acht Kilometer entfernten Inselsberg besehen.





 

 

 

 

 

 

 

Schloss Tenneberg, Ersterwähnung 1176, beherbergt ein Café und ein Regionalmuseum, in dem u.a. Waltershäuser Puppen ausgestellt werden. Das Schloss soll auch von innen sehr ansehnlich sein und wird für seinen barocken Festsaal gerühmt. Im Januar, als ich dort entlanggewandert bin, war es geschlossen, sodass ich nur noch einmal vom Vorhof aus den Inselsberg gegrüßt und mich dann auf den Weg hinab nach Waltershausen begeben habe.



 

 

 

 

 

 

 

Waltershausen sieht aus wie ein kleines Eisenach: Alte Villen am Hang, Fachwerk, Torturm, Schokoladenladen, und statt der Wartburg hat Waltershausen Schloss Tenneberg. Einige der historischen Gebäude, besonders am Stadtrand, sind allerdings in einem traurigen Zustand. Solche Problembestände, vulgo: Schrottimmobilien, sind erfahrungsgemäß teils Geldmangel, teils ungeklärten Eigentumsverhältnissen geschuldet. Aber auch an solchen Häusern wurde gerade gewerkelt, als ich an ihnen vorbeigewandert bin.




 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ebenfalls für Wandersleute interessant: die Thüringerwaldbahn, eine Überland-Straßenbahn zwischen Gotha und Tabarz. Sie hält u.a. im Park unterhalb des Waltershäuser Bahnhofs wie auch in der Nähe von Schloss Reinhardsbrunn.




 

 

 

 

 

 

Auf dieser Strecke ist fast alles gut bis sehr gut für Wanderer ausgeschildert. Nur in Waltershausen ist fast nichts ausgeschildert, aber den Markt (an der Kirche) und den Bahnhof (vom Markt geradeaus durch den Torturm) findet man auch so. 

Und nun die obligatorischen Buchtipps: Wie Schloss Reinhardsbrunn im Wandel der Zeit aussah, erfährt man hier, und wer mehr über die vielen Thüringer Schlösser wissen möchte, der kann mit diesem Westentaschenbuch anfangen.

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