Am Tor des Spreewaldes: Lübbenau und Lehde


 

 

 

 

 

 

 

 

"Was macht den Spreewälder stark? Kneedeln, Leinöl und Quark. Was klärt den Kopp bei Mann und Frau? Saure Gurken aus Lübbenau."

Das solcherart sprichwörtliche Lübbenau ist ein brandenburgisches Städtchen am westlichen Rand des Spreewaldes, in etwa auf halbem Wege zwischen Berlin und Dresden, und das Spreewalddorf Lehde ist nur einen Spaziergang weit entfernt. In diesen beiden Orten besichtigen wir Architektur, Museen, Wasserwege und Touristen. Gewürzgurken werden natürlich auch verkostet. Die leichte Wanderung in flachem Gelände ist etwa 10 km lang (Museumsbesuche eingerechnet).

Lübbenau und Lehde sind sehr touristische Orte. Allüberall laufen Touristen herum und alles scheint auf Touristen ausgelegt zu sein. Dafür gibt es immerhin hübsche Blumenrabatten, Spezialitätenläden und eine täglich geöffnete Touristinformation. Wer mit der Bahn anreist, flaniert vom Bahnhof Lübbenau in Richtung Marktplatz an besagten Blumenrabatten und, nun ja, Minigolfplatz, Parkplatz und Kettensägenkunst vorbei. Etwas DDR wurde aber auch bewahrt.


 

 

 

 

 

 

 

 

Das Gurkenbrot der Bäckerei Bubner am Marktplatz ist sicherlich für Touristen gemacht, also habe ich es probiert. Das ist ein lockeres, in seiner Konsistenz semmelartiges Mischbrot mit Gewürzgurkenstückchen drin. Mir hat's geschmeckt! (Werbung ist auch in diesem Beitrag unbezahlt.)





 

 

 

 

 

 

Als die Nikolai-Kirche im 18. Jh. gebaut wurde, waren manche der heutigen Lübbenauer Straßen noch Wasserwege und der Boden war so sumpfig, dass die Kirche auf Pfählen errichtet wurde. Die Pfahlkonstruktion wurde erst um die Jahrtausendwende durch ein Betonfundament ersetzt. Heute reichen die Spreekanäle noch bis in die Altstadt kurz hinter der Kirche. 


 

 

 

 

 

 

 

 

Der Sagenbrunnen an der Kirche wollte sich partout nicht im Ganzen fotografieren lassen. Licht, Schatten, Touristen - irgendwas war immer verkehrt. Jedenfalls besteht der Brunnen aus einer Figurengruppe Spreewälder Sagenwesen. Gestalterisch und handwerklich finde ich diese Figuren sehr gelungen. Abstrahiert, aber knuffig. Modern, aber mythisch.


 

 

 

 

 

 

 

 

Schloss Lübbenau aus dem frühen 19. Jh. ist heute ein Hotel, der Schlosspark ist gut in Schuss. Fast noch hübscher als das Schloss finde ich den Marstall nebenan, heute ebenfalls ein Hotel. Im Hafen in der Nähe des Schlosses legen große Spreewaldkähne mit ihrer bunten Touristenfracht ab und an. So viele Touristen sind hier unterwegs, dass die Kähne keine Ablegezeiten haben, sondern ablegen, wenn genug Touristen an Bord sind.







 

 

 

 

 

 

Als diese Straßen angelegt wurden, gab es wohl noch keine Autos, und an Touristen war auch noch nicht zu denken. Mitunter ist es etwas beschwerlich, in und zwischen den Orten Radfahrern, Fußgängern und vor allem Autos auszuweichen. An sich ist die Allee zwischen Lübbenau und Lehde aber ganz schön, teilweise verläuft neben ihr auch ein Fuß- und Radweg. Wer möchte, kann sich vom Lübbenauer Hafen aus auf einem Spreewaldkahn nach Lehde staken lassen. Ich bin lieber gelaufen, weil ich mir nicht eingestehen wollte, dass ich Tourist unter Touristen bin.



 

 

 

 

 

 

 

Lübbenau und Lehde gehören zum sorbischen Siedlungsgebiet in der Niederlausitz. Deshalb sind dort bspw. Ortsschilder auf Deutsch und auf Sorbisch beschriftet.

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

In Lehde gibt es jede Menge Gastronomie, vor allem aber das Spreewälder Freilandmuseum. Das besteht aus etwa einem Dutzend historischer Spreewaldgebäude nebst einigen kleineren Bauwerken wie einem Bienenhaus, Schuppen und Taubenschlag. Nicht nur kann man die dortigen Häuser besichtigen, sondern man kann sich auch am Wäschewaschen mit Zinkwanne und Waschbrett versuchen, in Holzpantinen laufen und Gurken einlegen. Auch einen sehr gut gepflegten Kräutergarten gibt es zu sehen und zu beschnuppern.










 

 

 

 

 

 

 

Lauschig ist das Museumsdorf, aber das Leben der Spreewaldbauern war sicherlich hart. In so einem Wohnstallhaus schliefen im Winter drei Generationen zu zwölft in einem Bett. Beheizt wurde nur ein Raum, und die Decke des Raums war so niedrig, damit er sich leichter heizen ließ. Dafür konnte man im Sommer auf dem Heuboden schlafen.




 

 

 

 

 

 

 

Erwin Strittmatter schreibt an einer Stelle, in seiner Kindheit im Spremberger Land habe er noch Blauracken gesehen, und die seien für ihn Paradiesvögel gewesen. Mittlerweile haben Klimawandel und Landwirtschaft die deutschen Populationen der Blauracke ausgelöscht. Eine ausgestopfte Blauracke ist in einem der Häuser des Freilandmuseums ausgestellt.



 

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Rückweg habe ich die Gurkenmeile am Hafen besucht: Eine Reihe von Verkaufsständen, an denen v.a. viele Sorten von Gewürzgurken angeboten werden. Die grünen Kleinodien des Spreewaldes stehen dort im Glas bereit oder sie werden frisch aus dem Fass in kleine Eimerchen (mit Deckel, versteht sich) gefüllt. Selbst einzelne Gurken kann man sich dort aus dem Fass zum Gleichessen reichen lassen.


 

 

 

 

 

 

 

 

Schließlich ging es ins Lübbenauer Spreewaldmuseum im Torhaus. Wer dort oder im Freilandmuseum ein Kombi-Ticket für beide Museen kauft, spart jeweils einen Euro Eintritt. Mit Exponaten vom Ölgemälde bis zur kompletten Ladeneinrichtung soll die Hauptausstellung einen Einblick ins Spreewälder Alltagsleben im 19. und 20. Jh. geben. Als ich das Museum besucht habe, fand im Obergeschoss gerade eine Sonderausstellung zum Einkaufen in der DDR statt. Dabei entdeckt: Der Leckermäulchen-Quark kostete eine Mark! Kaufkraftbereinigt sind das gefühlt fünf Euro! Im kastigen Haus nebenan sind außerdem eine Dampflok und ein Waggon der Spreewaldbahn ausgestellt.
























 

 

Zur Vor- und Nachbereitung dieser Spreewald-Tour empfehle ich Sagen, Kochrezepte und ein politisches Dossier.

Eine Auswahl von Sagen aus Heide und Spreewald bietet der sorbische Domowina-Verlag an. Apropos Lausitzer Sagen, viele kennen Krabat nur aus dem Buch von Otfried Preußler. Zuvor hatte aber bereits Jurij Brězan diesen Sagenstoff zu seinem Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbuch "Die schwarze Mühle" verarbeitet.

Rezepte für traditionelle Lausitzer Gerichte versammelt das Kochbüchlein Lausitz. Gewürzgurken, Quark und Leinöl sind da schon auf dem Titelbild zu sehen. Wie aber kam die Gurke in den Spreewald? Das beantwortet die brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung in ihrem Dossier über die Spreewälder Gurken (mit Rezept für einen sommerlichen Gurken-Kartoffelsalat!).


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