Flieder, Türme und die Sixtina des Nordens in Bad Frankenhausen

 









 

Auf ins thüringische Kyffhäuserland! In der tausendjährigen Stadt Bad Frankenhausen besuchen wir natur- und kulturhistorische Sehenswürdigkeiten. Unser Spaziergang oder unsere kleine Wanderung ist etwa sechs Kilometer lang. Ihr einziger sportlicher Abschnitt ist der kurze Aufstieg auf den Schlachtberg, eine Anhöhe am Stadtrand.

Bad Frankenhausen hat keinen Bahnhof, ist aber z.B. vom Bahnhof Artern aus auch am Wochenende gut mit dem Bus zu erreichen. Wenige hundert Meter vom Busbahnhof entfernt befindet sich das Frankenhausener Schloss, das die Touristinformation und ein Regionalmuseum beherbergt. Das ist unsere erste Anlaufstelle. (Das war sicherlich Werbung. Die ist hier wie auch im Folgenden unbezahlt.)










 

 

Das Museum informiert u.a. über die Schlacht bei Frankenhausen im Jahr 1525 mit der Niederlage des Bauernheeres unter Führung Thomas Müntzers. Weitere Teile der Dauerausstellung behandeln das örtliche Kurwesen, die Knopfherstellung, den Obstanbau sowie die Fledermauspopulationen im Kyffhäuserland. Dort leben nämlich 20 von 24 der in Deutschland heimischen Fledermausarten!










Die Gerätschaften rechts an der Wand sind, wenn mich nicht alles täuscht, keine Waffen, sondern Bohrer, mit denen hölzerne Wasserleitungen gefertigt wurden. Der Baumstamm an der Wand dürfte so eine Wasserleitung sein.








 

 

Links oben am Fenster: Thomas Müntzer. Rechts oben auf dem Berg: das Panorama-Museum mit dem monumentalen Bauernkriegsgemälde von Werner Tübke. Das werden wir gleich noch besuchen. Vorher schlenkern wir aber noch über das Fliederfest. Das findet jedes Jahr im Mai statt und erstreckt sich über mehrere Straßen und Plätze der Stadt. An den Futterständen auf dem Markt gibt es z.B. Roster, Lángos, Baumstriezel und natürlich Thüringer Kuchen. Fliederbüsche sollen in Bad Frankenhausen seit dem 19. Jh. angepflanzt worden sein, nachdem die Reblaus den Weinanbau in dieser Gegend beendet hatte.










 

Ein Wahrzeichen von Bad Frankenhausen ist der Schiefe Turm der Oberkirche. Der salz- und gipshaltige Boden war kein guter Standort für so ein Bauwerk. Der Boden wurde ausgewaschen, der Turm geriet in Schieflage. Heute ist er deutlich schiefer als der Turm von Pisa. Endgültig gerettet ist er noch nicht, die Sicherungsmaßnahmen dauern an. Zukünftig soll er auch wieder begehbar sein.










 

Der Hausmannsturm hingegen steht stabil auf felsigem Grund. Diesen Turm werden wir auf dem Rückweg besuchen. Zuvor begeben wir uns auf den Schlachtberg, den Ort der Bauernschlacht von 1525. Beim Aufstieg durchqueren wir ein Wäldchen, und selbst die dortigen Waldwege sind gesäumt von Fliederbüschen und weiteren blühenden Gehölzen.








 

 

Und da ist sie, die Sixtina des Nordens, das Panorama-Museum! Das wurde errichtet, um darin ein monumentales Gemälde über den Bauernkrieg zu malen und auszustellen. Fotografieren ist in der Gemäldehalle nicht erwünscht, deshalb zeige ich einen Ausschnitt des Gemäldes, der in einem Flyer abgedruckt ist. Die Abbildung vermittelt allerdings nur einen schwachen Eindruck des Gemäldes. Nicht nur, weil das Original 123 m lang und 14 m hoch ist und mehr als 3000 Figuren umfasst. Auch ist der Farbeindruck des Originals ein ganz anderer als der seiner Reproduktionen, schon alleine deshalb, weil die Rundhalle abgedunkelt ist, während das umlaufende Gemälde gleichmäßig beleuchtet wird.








 

 

Geschaffen wurde das Gemälde von Werner Tübke, einem Begründer der Leipziger Schule, und mehreren Mitarbeitern von 1976 bis 1987. Tübkes Auftrag lautete, ein Bauernkriegspanorama zu malen. Gemalt hat er ein Welttheater am Beispiel der Geburt der Neuzeit mit allegorischen Szenen und biblischen Motiven, wobei Allgemeinmenschliches mit Konkret-Historischem verbunden und Geschichte als Apokalypse gezeigt wird. Der Bauernkrieg kommt darin auch vor.











Zum Gemälde werden Führungen angeboten, außerdem gibt es Audioguides mit einer Spieldauer von 25 oder 70 Minuten. Wer sich nach der Besichtigung dieses Gemäldes physisch und psychisch die Beine vertreten möchte, bevor es zurück in die Stadt geht, kann auf dem Gipfel des Schlachtberges ein paar Meter hinter dem Panorama-Museum den Sortengarten besuchen. Der ist eine 20 ha große Streuobstwiese mit sehr vielen und zum Teil extrem seltenen Obstsorten, von denen einige nur in der Kyffhäuserregion wachsen. Diese Gegend ist eine der niederschlagsärmsten in Deutschland und besonders gut für den Obstanbau geeignet.







 

 

 

Zurück zu den Türmen. Beim Abstieg durch den Fliederwald halten wir schnurstracks auf den Hausmannsturm zu. Der gehörte zu einer im 12. Jh. errichteten Burg, mit der die Frankenhausener Salzquellen gesichert werden sollten. Wegen diesen Quellen ist Bad Frankenhausen heute ein Kurort. Danach können wir noch den schiefen Turm der Oberkirche aus der Nähe betrachten, bevor wir wieder hinab in die Stadt spazieren.














Zum Schluss noch zwei Empfehlungen: etwas zum Ansehen und Lesen und etwas zum Schleckern. Das Buch Bauernkrieg und Weltgericht stellt Werner Tübkes Monumentalbild detailliert vor, und regionale Obstprodukte aus Bad Frankenhausen wie Fruchtaufstriche, Gelees, Liköre, Säfte, Fruchtessig, Honig und saisonales Frischobst sind im Kyffhäuserobst-Laden erhältlich.


Kommentare

  1. Der Turm ist wirklich spektakulär schief... hoffentlich hält er noch lange! Und all den Flieder finde ich ja so hübsch. Kann man damit eigentlich irgendwas machen, außer schön finden? Weil er als Weinersatz gepflanzt wurde?
    LG
    Centi

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  2. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde der Flieder zum Hübschaussehen und Gutriechen angepflanzt und weil viel Platz war, nachdem die Rebstöcke eingegangen waren. Auf dem Fliederfest habe ich auch keine Fliederprodukte entdeckt... das ist mehr ein Roster- und Kuchenfest.

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