Einer der vielen Mittelpunkte Deutschlands liegt am Rande des Dorfes Niederdorla in Thüringen, und gleich daneben befindet sich ein germanisches Opfermoor. Mein Wanderweg von Seebach nach Niederdorla führt außerdem an der ersten deutschen Vogelschutzwarte vorbei. Mit Museumsbesuch, einer Runde um die Moorteiche und Rückweg nach Seebach ist diese Wanderung 14 km lang.
Der Weg beginnt ein bisschen prosaisch: Einfamilienhäuser, Mülltonnen, Kirche. Aber mir gefällt's hier, und außerdem wird es gleich historisch, ornithologisch und archaisch .
Die Staatliche Vogelschutzwarte in der Burg Seebach - hier nicht im Bild - wurde 1884 von einem Freiherrn von Berlepsch gegründet. Passenderweise zeigt das Wappen der Berlepsche fünf Sittiche, und manche Berlepsche hießen mit Vornamen Sittich. "Berlepsch mein Name, Sittich von Berlepsch." Nach einem der anderen Berlepsche wurde eine Apfelsorte benannt. Der Torbogen am Ortsrand von Seebach scheint der Eingang zu einem Park oder Wildgehege gewesen zu sein. Den Burgbesuch habe ich mir für den Rückweg aufgehoben.
Entlang einer Bachaue und über Felder führt ein Radweg nach Niederdorla. Weil dabei viel offenes Gelände durchquert wird, ist diese Wanderung eher nicht für sehr sonnige Sommertage geeignet. Auffällig war, dass es überall tschilpte, quakte und schnarrte; auch kreisten mehrere Störche zwischen Seebach und Niederdorla. Der waldige Höhenzug hinter Niederdorla gehört zum Nationalpark Hainich.
Niederdorla ist ein ruhiges Fachwerkdorf, Ersterwähnung 1223. Hinter einem der letzten erhaltenen Dorftore Thüringens traf ich darin auf ein tadellos gepflegtes Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Niederdorlaer; dreiundfünfzig Namen habe ich auf ihm gezählt.
Wenige Meter weiter befindet sich am nördlichen Dorfrand in einem Holzhäusel die Ausstellung zum Opfermoor. Dieses wurde in den 1950ern entdeckt, und bis in die 1960er wurden daraus zahlreiche Gegenstände aus der Zeit zwischen dem 6. Jh. v. Chr. und dem 10./11. Jh. n. Chr. geborgen, außerdem die Überreste von mehreren hundert Tieren und mindestens vierzig Menschen. Einiges davon ist im Museum ausgestellt.
Zwischen dem Museum und den Moorteichen befindet sich ein Mittelpunkt Deutschlands. Der Mittelpunkte Deutschlands sind viele, weil sich unterschiedlich definieren lässt, was so ein Landesmittelpunkt ist, wie diese Wiki-Liste erklärt.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite beginnt das Museums-Freigelände mit einer rekonstruierten germanischen Siedlung und den Moorteichen, die vom Opfermoor geblieben sind. Der Eintritt ins Museum und ins Freigelände kostete zusammen fünf Euro.
Nach einer Runde um die Teiche bin ich nach Seebach zurückspaziert. Da meine Zeitplanung völlig daneben war, kam ich viel zu spät an der Vogelschutzwarte an und konnte nicht mehr an der Führung teilnehmen. Ich muss also noch einmal nach Seebach reisen. Fürs Erste habe ich mir die Berlepsch'sche Vogelschutzburg von außen angesehen.
Wenige Kilometer nördlich des Opfermoors liegt Mühlhausen, "das deutsche Carcassonne", wie die dortigen Touristiker sagen. Wer nicht nach Seebach zurücklaufen möchte, kann diesen Weg nach Mühlhausen einschlagen und dort noch Stadtmauer, Türme und Kirchen besichtigen.
Das Berühmteste an Mühlhausen ist aber sein Pflaumenmus. Der beste, der wahre, seit 1908. Unter der Marke "Mühlhäuser" werden auch Marmeladen vertrieben, aber soweit ich weiß, wird nur der Pflaumenmus in Mühlhausen hergestellt. Pflaumenmus landet bei mir für gewöhnlich auf der Buttersemmel, aber mit Pflaumenmus lässt sich auch kochen und backen. Hier einige Rezepte. (Werbung in diesem Beitrag ist unbezahlt.)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen